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Mitarbeitende im Fokus bei der digitalen Transformation

Technologisch initiierte Transformationen bringen häufig umfangreiche Veränderungen für Mitarbeitende mit sich. Denn durch die neuen technologischen Möglichkeiten ändern sich Fähigkeitsanforderungen, Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen. Um diese Veränderungen erfolgreich zu meistern, kommt Change Advisory zum Einsatz. Hierbei wird der Mensch ins Zentrum der Veränderung gerückt, Neuerungen werden durch einfache Worte greifbar gemacht und Change-Maßnahmen werden agil in wiederkehrenden Zyklen an die Projekt- und Unternehmensanforderungen angepasst.
In diesem Artikel umreißen wir verschiedene Arten von Change, zentrale Herausforderungen in Transformationen und Herangehensweisen, um Organisationen gezielt bei diesen zu unterstützen. 

Die digitale Transformation ist in vollem Gange – und wenn die Welt außerhalb des Unternehmens beginnt, sich schneller zu verändern als das Unternehmen selbst: Dann gilt es zu handeln. Laut einer Studie planen etwa 80% der globalen Unternehmen fortwährend eine Neuausrichtung oder Transformation (Krisper, 2021).

Transformation ist ein weitgenutzter Begriff, mit dem verschiedenste Veränderungen in Unternehmen betitelt werden. Und welche Herangehensweisen in Change Advisory sinnvoll sind, um die Menschen bestmöglich dabei mitzunehmen, ist von der Art der Veränderungen abhängig.

Welche Arten von Veränderungen gibt es im Rahmen der digitalen Transformation? Und ab wann sprechen wir von einer Transformation?

Transaktionaler Change: Nur kleine Abläufe ändern sich, beispielsweise durch Systemeinführungen, die einen überschaubaren Effekt auf die tägliche Arbeit haben. Ein Beispiel hierfür wäre die Einführung eines neuen Zeiterfassungssystems.
Es verändert sich das Toolset.

Transitionaler Change: Hier werden zentrale Aspekte des alltäglichen Arbeitens vollständig erneuert, wie Prozesse, Organisationseinheiten oder eine Technologie. Dies könnte beispielsweise die Einführung der Cloud-Technologie sein.
Es verändern sich Toolset und Skillset.

Transformationaler Change: Hier findet ein Paradigmenwechsel in Organisationsbereichen oder im gesamten Unternehmen statt, der die Organisation in ihrer Kultur tiefgreifend umformt. Zum Beispiel fallen hierunter die Einführung von Agilität, DevOps oder die Etablierung einer Organisationskultur, die Software nicht nur mit der Cloud verwendet, sondern in der Cloud entwickelt ("Cloud Native").
Es verändern sich Toolset, Skillset und Mindset.

Besonders transformationale Veränderungen haben einen tiefgreifenden Einfluss auf die Mitarbeitenden und erfordern deren Commitment, um Arbeitsweisen zu verändern. Eine Befragung von 5.250 Führungskräften (in Frankreich, Deutschland, UK, USA und China) hat ergeben, dass sich die Bereitschaft dazu von Mitarbeitenden und Führungskräften unterscheidet (Lyon, Lovich, Richaud, Julienne & Qin, 2020). Sie stellten fest, dass mehr als 80% der Top-Führungskräfte bereit sind, neue Arbeitsweisen umzusetzen und davon ausgehen, dass ihre Teams ebenfalls diese Bereitschaft hätten. Allerdings zeigten nur 66% der befragten Mitarbeitenden ein Interesse, neue Arbeitsweisen anzunehmen.

Es zeigt sich, dass das Commitment von Mitarbeitenden nicht ausreichend hoch ist, um eine tiefgreifende Transformation erfolgreich zu tragen. So sind übliche Aussagen zu Beginn einer tiefergehenden Transformation: "Es wird doch nur wieder die nächste Kuh durchs Dorf getrieben." oder „Das haben wir immer schon so gemacht und funktioniert auch am besten.“.

Sollte ein ausreichend großer Anteil der Mitarbeitenden bei dieser Art von Überzeugungen bleiben und damit die Veränderung boykottieren, werden Unternehmen nicht zu den gewünschten Ergebnissen gelangen. Es findet scheinbar eine Transformation statt, die neue Tools und Prozesse einführt. Die Mitarbeitenden sind dennoch weder überzeugt vom neuen System, noch tragen sie die Veränderung in einer Art und Weise, dass sich neue Arbeitsmuster etablieren können.

Wo müssen Mitarbeitende abgeholt werden, um diese in tiefergreifenden Transformationen zu einer ausreichenden Akzeptanz, Commitment und letztendlich aktive Partizipation zu bewegen?

  1. Verwirrung und Orientierungslosigkeit: Betroffene eines Veränderungsprozesses verstehen häufig nicht, wo die Reise hingehen soll und welche Gründe es für eine Veränderung überhaupt gibt. Das versetzt sie in einen Zustand der Unsicherheit, der lähmend für die alltägliche Arbeit sein kann.
     
  2. Angst vor Veränderung: Mitarbeitende stehen Veränderungen mit Bedenken gegenüber, da sie befürchten, die Vorzüge an ihrer aktuellen Tätigkeit zu verlieren. Dies kann zum Beispiel der ein lokaler Zuständigkeitsbereich sein, wenn überregionale Prozesse eingeführt werden oder eine eingespielte Teamstruktur, wenn plötzlich Scrum auf der Tagesordnung steht. Roderich Heinze (2011) unterstreicht außerdem, dass diejenigen, die Veränderung in der eigenen Lebensgeschichte als Bedrohung wahrgenommen haben, wahrscheinlicher auch am Arbeitsplatz die Veränderung als bedrohlich ansehen werden. Demnach spielt der persönliche Werdegang und die Sozialisierung ebenfalls eine Rolle in Bezug auf die Veränderungsbereitschaft des Einzelnen.
     
  3. Verharren in Gewohnheiten: Mitarbeitende stecken stark in gewohnten Strukturen fest, was in einer langsameren Aufnahme und Umsetzung von Veränderungen auf Basis von Informationen resultiert. Beispielsweise besagt die "Rule of 7", dass Mitarbeitende eine Information sieben Mal hören müssen, bis sie diese verstanden haben. Darauf folgt dann erst die Umsetzung.

 

Drei Herangehensweisen, um diese Herausforderungen zu überwinden:

In der integrierten Change Advisory wenden wir in der Regel folgende Herangehensweisen an, um den oben genannten Herausforderungen zu begegnen und Mitarbeitende von Zuschauer*innen zur aktiven Partizipation zu bewegen und eine positive Stimmung gegenüber der Veränderung herzustellen.
 

  1. Eine klare Vision stiftet Sinn und Klarheit über die Veränderungsrelevanz. Simon Sinek (2009) unterstreicht, dass ein klares "Warum" immer der erste große Schritt in der Kommunikation sein sollte. Die Vision wird in der Regel gemeinsam mit den Vorständen und Top-Führungskräften erarbeitet und in unterschiedlichen Formaten sowohl in der Kaskade als auch durch digitale Mittel an die Belegschaft kommuniziert. Hierfür können beispielsweise Programmsponsor*innen ein Video aufnehmen, in dem sie verbal Bilder der Zukunft malen und Begeisterung für die Veränderung vermitteln. Zusätzlich helfen Dialog-Formate der Auseinandersetzung mit dem Gehörten in den einzelnen Teams.
     
  2. Die Bedenken versickern häufig auf eine ganz natürliche Art und Weise, wenn Mitarbeitende die Chance erhalten, die Zusammenarbeit der Zukunft aktiv mitzugestalten und ihre eigenen Sichtweisen und Bedürfnisse an unterschiedlichen Stellen einzubringen. Dies kann je nach Größe und räumlicher Verteilung der betroffenen Teams in einzelnen Co-Creation Workshops mit Hilfe eines Online-Whiteboards gemacht werden oder über Think Tanks, die sich über einen längeren Zeitraum bestimmten Themen widmen.
     
  3. Mitarbeitende können durch eine Reihe von Techniken dabei begleitet werden, ihre Gewohnheiten zu verändern. Hierzu gehören in der Regel Retrospektiven, kollegiale Beratung oder andere Dialog-Formate. Außerdem können Menschen durch die richtigen Reize zum gezielten Verhalten „angestupst“ werden (Nudging). Eine Möglichkeit besteht beispielsweise darin, die Startseite im Browser so anzupassen, dass Mitarbeitende beim Öffnen des Browsers automatisch an ein neues System erinnert werden. Durch künstliche Intelligenz können auch Change-Management-Ansätze stark automatisiert und damit skaliert werden. Hierzu zählt beispielsweise das Anzeigen von benutzerspezifischen Lern- und Change-Inhalten auf Mitarbeiterportalen

Fazit

Der Trend in der Digitalisierung zeigt mehr denn je in Richtung transformationaler Veränderungen. In diesem Beitrag wurden die elementaren Change Advisory-Ansätze vorgestellt und beispielhaft skizziert. Tiefgreifende transformationale Veränderungen sind allerdings komplex und hängen stark von unterschiedlichen Faktoren ab. Dazu gehören die Branche, die Unternehmenskultur, Unternehmenswerte, gelebte Führungskultur, Art der technologischen Veränderung, Veränderungstiefe, Commitment der Top-Führungskräfte u.v.m..

Unter Berücksichtigung all dieser unternehmensspezifischen Faktoren werden individuelle  Change-Konzepte entwickelt, um den Erfolg der Transformation von Anfang an sicherzustellen. Dabei ist im schnelllebigen und von starken Veränderungen geprägten Alltag der Konzerne auch  Change Advisory angehalten, agile Vorgehensweisen anzuwenden. So werden die sich häufig ändernden Anforderungen der Umgebung, in kurzen Zyklen verstanden, übersetzt und der Technik entsprechend angepasst.


Quellen:

Ancarani, A., & Di Mauro, C. (2018). Successful digital transformations need a focus on the individual. In Digitalisierung im Einkauf (pp. 11-26). Springer Gabler: Wiesbaden. Retrieved from Successful digital transformations need a focus on the individual | SpringerLink

Dikert, K., Paasivaara, M., & Lassenius, C. (2016). Challenges and success factors for large-scale agile transformations: A systematic literature review. Journal of Systems and Software, 119, 87-108. Retrieved from Challenges and success factors for large-scale agile transformations: A systematic literature review – ScienceDirect

De Vegt, Eileen & Kakor Schiwani (2021): Ein perfektes Match: Change Management und Agilität. Retrieved from https://www.linkedin.com/pulse/ein-perfektes-match-change-management-agilit%25C3%25A4t-eileen-de-vegt/?trackingId=gcNgJpVDTTeT6Kbvbzaj%2FA%3D%3D

Heinze, Roderich (2011): Keine Angst vor Veränderungen! Change-Prozesse erfolgreich bewältigen. Carl-Auer Verlag

Krisper, Elisa (2021): 80 Prozent der globalen Unternehmen planen Neuausrichtung und Transformation. Retrieved from https://www.com-magazin.de/news/digitalisierung/80-prozent-globalen-unternehmen-planen-neuausrichtung-transformation-2680657.html

Lyon, Vanessa Lovich, Deborah, Richaud, Laurent, Julienne, Daphné & Qin, Stéphane (2020):
It’s Go Time for Digital Transformation. Retrieved from https://www.bcg.com/en-cn/publications/2020/digital-acceleration-manager-survey

Samuels, Dean (2018): How to Manage Organizational Change & Culture Impact During Cloud Transformation. Retrieved from https://de.slideshare.net/AmazonWebServices/how-to-manage-organizational-change-culture-impact-during-cloud-transformation

Sinek, Simon (2009): Start with Why. Portfolio Penguin.

 

We speak Tech & Change:

Cloud Change Advisory entwickelt passgenaue Ansätze für ein erfolgreiches Change Management in Cloud Transformationen und ist damit ein ganzheitlicher Partner für Unternehmen auf ihrer Cloud Journey.

 

Insa Uhlenkamp

Insa Uhlenkamp, Psychologin, studierte an der Universität Osnabrück, der Marmara Üniversitesi Istanbul und der Georg-August Universität Göttingen. Als Consultant und  Coach begleitet sie Organisationen und Menschen in (digitalen) Transformationen. Sie war bei einem führenden Unternehmen in der Luft- und Raumfahrtbranche tätig und leitet aktuell das Angebotsportfolio im Cloud Change Advisory bei Accenture.

Dr. Galia Diez

Dr. Galia Diez, Informatikerin, studierte an der University of Applied Sciences in Frankfurt und University of Liverpool, UK. Promotion in Organizational Leadership an der University of Phoenix, USA. Dr. Diez begleitet seit über 15 Jahren digitale Transformationsprozesse in internationalen Unternehmen und leitet derzeit den Bereich Cloud Change Advisory DACH.