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Wenn Stress krank macht

Stress stellt einen wesentlichen Risikofaktor für die Entstehung und Aufrechterhaltung seelischer, psychosomatischer und körperlicher Erkrankungen dar. Es handelt sich um eine „Volkskrankheit“: Mehr als ein Viertel der Deutschen berichtet, häufig an Überlastung durch Stress zu leiden (vgl. z.B. TK Gesundheitsreport 2021). Stress an sich ist keine Diagnose, kann dennoch zu einer Vielzahl an Beschwerden führen, mit denen viele Menschen oft in Hausarztpraxen auflaufen. Stächele, Heinrichs und Domes (2020) bereiten das Thema Stress sorgfältig in ihrem Ratgeber auf und geben einen Überblick über verschiedene Ausdrucksformen von Stress – von der nicht pathologischen Seite (Stress als Motivator) hin zum manifesten Krankheitsfaktor. Sie unterscheiden Alltagsstress, Stress durch besondere Lebensereignisse und Traumatischen Stress. Im Folgenden soll auf die verschiedenen Stressformen, deren gesundheitliche Folgen sowie Ratgeber, die sich jeweils damit beschäftigen, eingegangen werden.

Stress macht krank

Alltagsstress, Burnout und chronischer beruflicher Stress

Unter Alltagsstress können verschiedene Situationen im Alltag und damit verbundene Reaktionen verstanden werden. Eine besondere Rolle nehmen arbeitsbezogene Belastungen ein, die Studien zufolge in den letzten Jahren zugenommen haben. Burnout kann eine Folge sein. Begrifflich beschreibt „Burnout“ (zu Deutsch „ausgebrannt“) negativ erlebte Zustände bzw. Befindlichkeiten, die häufig mit beruflicher Überlastung und Stress verbunden werden. Das klinische Bild des Burnout-Syndroms ist sehr populär, wenngleich Burnout keine eigenständige Diagnose ist. Dennoch ist das Thema von hoher Praxisrelevanz (Hillert, Koch & Lehr, 2018).

Burnout ist nicht eindeutig definiert, sondern zeichnet sich grundsätzlich durch ein diffuses, subjektives Erleben des Ausgebrannt-Seins aus (Hillert et al., 2018). Betroffene empfinden häufig Schuldgefühle für ihre Erschöpfung, oftmals können jedoch schlechte Arbeitsbedingungen als ursächlich betrachtet werden. Zahlreiche Symptome werden im Rahmen von Burnout berichtet: Betroffene äußern häufig eine uneindeutige körperliche und emotionale Erschöpfung sowie Konzentrations- und Gedächtnisprobleme. Weitere Folgen können Probleme in sozialen Bereichen wie Arbeit, Familie oder Partnerschaft sein. Schließlich werden häufig auch körperliche Probleme berichtet.

Alle diese Symptome können aber auch im Rahmen anderer Bedingungen berichtet werden, bei denen Diagnosen gestellt werden können; sie sind also nicht spezifisch für ein Burnout (Hillert et al., 2018). Trotz seiner konzeptionellen Unschärfe hat der Burnout-Begriff begünstigt, dass zunehmend der Blick auf die Auswirkungen beruflicher Stressfaktoren und Überlastung auf die Gesundheit gerichtet wird. In ihrem Ratgeber geben Hillert et al. (2018) Betroffenen Informationen zum Thema Burnout sowie Anregungen für konkrete Veränderungsmöglichkeiten.

Stress durch „kritische Lebensereignisse“ / Anpassungsstörung

Besondere Lebensereignisse oder Lebensveränderungen können die aktuelle Befindlichkeit beeinflussen und Stressreaktionen hervorrufen. Es ist normal, beispielsweise auf den Verlust eines geliebten Menschen oder die Diagnose einer schweren Krankheit mit einer Veränderung der Stimmung, Grübeln, körperlichen Symptomen oder sozialem Rückzug zu reagieren. Solche Umstände fordern eine erhöhte Anpassungsfähigkeit. Gelingt die Neuorientierung nach dem Erleben eines solchen sog. kritischen Lebensereignisses nicht, so kann ggf. die Diagnose einer Anpassungsstörung gestellt werden, was Betroffenen die Möglichkeit bietet, Hilfeleistungen des Gesundheitssystems in Anspruch zu nehmen.

Anpassungsstörungen befinden sich zwischen einer gesunden Anpassungsreaktion und der Entstehung einer spezifischen psychischen Störung in Reaktion auf ein belastendes Ereignis. Die auftretenden Symptome und Beeinträchtigungen von Anpassungsstörungen sind so vielseitig wie die Ereignisse, die sie hervorrufen können; es gibt daher nicht die Anpassungsstörung (Hubert & Bengel, 2020). Das klinische Bild kann dem anderer psychischer Störungen, wie zum Beispiel dem der Depression oder einer Angststörung, ähneln. Wichtig für die Diagnose einer Anpassungsstörung ist allerdings, dass keine andere psychische Störung voll erfüllt ist, die Symptome dennoch klinisch bedeutsames Leiden erzeugen. Für die Diagnose einer Anpassungsstörung ist es erforderlich, dass die Symptome nicht länger als sechs Monate nach Ende der Belastung bestehen (Hubert & Bengel, 2020).

In ihrem Ratgeber wenden sich Hubert und Bengel (2020) an Betroffene, die sich mit einem besonderen Lebensereignis oder einer Lebensveränderung befassen müssen. Auch hier werden Leser*innen informativ über das Thema aufgeklärt und es wird berichtet, welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen – es werden neben der Inanspruchnahme einer professionellen Behandlung durch Mediziner:innen, Psycholog*innen etc. auch Möglichkeiten aufgegriffen, wie Betroffene sich selbst helfen können.

Traumatischer Stress

In Situationen, die als besonders belastend erlebt werden, kann Stress extreme Formen annehmen. Beispielhaft für solche Situationen können das Erleben von sexueller und/oder körperlicher Gewalt, Naturkatastrophen oder Unfällen angeführt werden. In der Fachsprache wird hierbei von einem Trauma gesprochen. Die Weltgesundheitsorganisation definiert ein Trauma als „kurz- oder langanhaltendes Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß“ (WHO, 1991, zit. nach Ehring & Ehlers, 2019, S. 11).

In einigen Fällen können solche Ereignisse ohne bleibende Einschränkungen und Belastungen verarbeitet und integriert werden. In manchen Fällen bleiben die Belastungssymptome bestehen. In diesen Fällen kann zwischen einer akuten Belastungsreaktion und einer Posttraumatischen Belastungsstörung unterschieden werden. Eine akute Belastungsreaktion, die in Folge eines traumatischen Ereignisses auftritt, hält für einzelne Tage bis Wochen an. Bestehen die Symptome länger als vier Wochen, kann von einer Posttraumatischen Belastungsstörung gesprochen werden.

Zum Zeitpunkt des Ereignisses erleben Betroffene intensive Gefühle, wie beispielsweise Angst, Entsetzen oder Verzweiflung. Zu den üblichen Symptomen nach dem Erleben eines Traumas zählt das ungewollte Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von bspw. Erinnerungen und Sinneseindrücken, Albträumen oder Flashbacks. Letztere stellen eine extreme Form des Wiedererlebens dar: Betroffene fühlen und verhalten sich so, als wären sie erneut in der traumatischen Situation. Alle diese Formen des Wiedererlebens sind für die Betroffenen sehr belastend. Daher ist es verständlich, dass Dinge, die an das Trauma erinnern, gemieden werden: Vermeidungsverhalten in Bezug auf Aspekte, die an das Trauma erinnern (z. B. Personen, Gespräche, Orte), zählt zu den zentralen Symptomen einer akuten Belastungsreaktion und Posttraumatischen Belastungsstörung. Zudem sind Veränderungen der Gedanken- und Gefühlswelt sowie Symptome der Übererregung (z. B. extreme Schreckhaftigkeit) zu nennen.

Ehring und Ehlers (2019) wenden sich in ihrem Ratgeber an Personen, die ein Trauma oder mehrere Traumata erlebt haben. Sie berichten, was Betroffene selbst tun können, um ihre Belastung zu mindern. Darüber hinaus beantworten sie die Frage, wann professionelle Hilfe benötigt wird.

 

Quellenangaben

Ehring, T. & Ehlers, A. (2019). Ratgeber Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung: Informationen für Betroffene und Angehörige (2., aktualisierte Auflage). Göttingen: Hogrefe.

Hubert, S. & Bengel, J. (2020). Der Umgang mit belastenden Lebensereignissen: Ein Ratgeber zu Anpassungsstörungen. Göttingen: Hogrefe.

Hillert, A., Koch, S. & Lehr, S. (2018). Burnout und chronischer beruflicher Stress. Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige. Göttingen: Hogrefe.

Stächele, T., Heinrichs, M. & Domes, G. (2020). Ratgeber Stress und Stressbewältigung. Göttingen: Hogrefe.

Lilly Hofmann

Lilly Hofmann studierte Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Kassel. Seit 2021 absolviert sie ein Volontariat im Buch- und Testlektorat des Hogrefe Verlags.

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