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CME-Sonografie 103: Subakromiales (SAI) und subkorakoidales Impingement (SCI)

Published Online:https://doi.org/10.1024/1661-8157/a003816

Abstract

Zusammenfassung. Schulterschmerzen können ihren Ursprung in verschiedenen Strukturen des Schultergelenks oder in betroffenen periartikulären Strukturen haben. Daher ist es wichtig, eine spezifische Diagnose stellen zu können und die genaue Pathologie, die dahintersteckt, zu identifizieren, um die am besten geeignete, individuell präzise Behandlung einleiten zu können. In dieser Übersichtsarbeit besprechen wir mögliche Ursachen eines Impingements der Schulter.

CME Sonography 103: Subacromial Pain Syndrome (SAPS) and Subcoracoid Impingement (SCI)

Abstract. Pain in the shoulder can have its origin in different structures of the shoulder joint or in affected periarticular structures. Therefore, it is important to be able to make a specific diagnosis and identify the exact pathology behind it in order to initiate the most appropriate individually precise treatment. In this review, we discuss possible causes of impingement of the shoulder.

Im Artikel verwendete Abkürzungen

ACG Acromioclaviculargelenk

GHG Glenohumerales Gelenk

hrMSUS Hochauflösender muskuloskelettaler Ultraschall

MGHL Middle Glenohumeral Ligament

SAI Subakromiales Impingementsyndrom

SAPS Subacromial Pain Syndrome

SCI Subkorakoidales Impingement

SLAP Superior Labrum from Anterior to Posterior

Schultererkrankungen stellen die dritthäufigste muskuloskelettale Erkrankung in der Allgemeinmedizin dar und können zu Arbeitsausfällen, zu Einschränkungen bei sozialen Aktivitäten und zu wirtschaftlichen Einbussen für Betroffene führen. Die Prävalenz eines subakromialen Impingementsyndroms (SAI) ist hoch und nimmt mit dem Alter zu. Die höchste Inzidenz (ca. 74 %) wurde in der sechsten Lebensdekade beschrieben. Schulterschmerzen können ihren Ursprung in verschiedenen Strukturen der Knochen, des Schultergelenks oder in periartikulären Strukturen (Sehnen, Ligamente, Muskeln, Bursen etc.) haben. Daher ist es wichtig, eine spezifische Diagnose früh stellen zu können und die genaue Pathologie, die dahintersteckt, zu identifizieren, um die am besten geeignete, individuell präzise Behandlung einleiten zu können. Im klinischen Alltag begegnen uns sehr häufig Patientinnen und Patienten mit dem klinischen Bild des «Schulterimpingements» mit typischerweise schmerzhafter Elevation.

In den letzten Jahren hat sich die Terminologie eines subakromialen Schmerzsyndroms («Subacromial Pain Syndrome», SAPS) [1] etabliert, wodurch impliziert wird, dass das klinische Beschwerdebild nicht ohne erweiterte Diagnostik einer eindeutigen zugrunde liegenden Pathologie zugeordnet werden kann [2]. Eine umfassende Anamnese und eine klinische Untersuchung sind zwar von grosser Bedeutung und richtungsweisend, mit der klinischen Untersuchung allein lässt sich jedoch keine genaue Diagnose stellen [2]. Oft kommt es beim SAPS zu einer schmerzhaften Elevation des Armes zwischen 60° und 120°, und bereits bei Abduktion zwischen 45° und 60° entsteht ein Kontakt zwischen der Supraspinatussehne und der langen Bizepssehne mit dem Ligamentum coracoacromiale [3]. Der Schmerz wird häufig anterolateral bis zur Insertion des M. deltoideus angegeben.

Fallbericht

Der sportliche 30-jährige Handballer beklagt antero-laterale Schmerzen an der Schulter ohne Funktionseinbusse. Der Jobe-Test ist positiv und es besteht ein «Painful Arc». Die Sonografie (Abb. 1) zeigt eine Tendinose mit Partialläsion der Supraspinatussehne und diskreter Bursaverdickung.

Abbildung 1 Transversalschnitt der Supraspinatussehne im Intervallbereich in einer modifizierten Crass›-Position, B-Bild und Share-Wave-Elastografie-Bild. Darstellung einer intramuralen und bursanahen Tendinose mit Partialruptur der Supraspinatussehne. Pulleysystem, Rotatorenmanschettenkabel und die aponeurotische Verstärkung der Supraspinatussehne («cylindric bundle») sind intakt.

Beim subakromialen Schmerzsyndrom können verschiedene anatomische Strukturen zu einer «Einengung» mit mechanischem Konflikt des subakromialen Raums oder/und unter dem coracoacromialen Bogen (Akromion, Ligamentum coracoacromiale und processus coracoideus) und so z.B. zu Schmerzen oder zu einer Bewegungseinschränkung führen. Beim primären SAPS führen anatomische Veränderungen zu einer Verengung des subakromialen Raums (extrinsische Faktoren mit strukturellen Veränderungen im Subakromialraum = primäres Outlet-Impingement), beim sekundären SAPS liegt eine funktionelle Ursache vor mit u.a. Störung der Zentrierung des Humeruskopfes (biomechanische Störungen, skapuläre Fehlhaltungen und degenerative Veränderungen im Bereich der Sehne spielen eine zentrale Rolle = sekundäres Non-Outlet-Impingement) (Tabelle 1, Abb. 2).

Abbildung 2 Einteilung von SAPS-Ursachen nach anatomischer Lage.
Tabelle 1 Einteilung von SAPS-Ursachen nach anatomischer Lage

Die hochauflösende muskuloskelettale Ultraschalluntersuchung (hrMSUS) bietet ein schmerzfreies, nichtinvasives, kostengünstiges und schnelles Bildgebungsverfahren zur differenzialdiagnostischen Eingrenzung eines intraartikulären oder extraartikulären SAPS und erlaubt je nach klinischer Situation eine ultraschallgesteuerte diagnostische oder therapeutische Intervention.

Im Folgenden werden einzelne Beispiele von SAPS-Ursachen im Ultraschallbild dargestellt (Abb. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15).

Abbildung 3 Erosiv destruktive Arthritis im AC-Gelenk (Pfeile) und glenohumerale Synovitis (Stern) bei rheumatoider Arthritis.
Abbildung 4 CPPD-Arthritis im AC-Gelenk mit Erguss (Stern) und Verkalkungen (Pfeilspitzen im Bild links und Pfeile im Bild rechts), Bursitis subdeltoidea, Pars subacromialis und Verkalkungen des hyalinen Knorpels (Pfeile im Bild links unten).
Abbildung 5 Arthrose im AC-Gelenk mit Ganglion subacromial (Pfeile im Bild links) und in Richtung Subcutis (Pfeile im Bild rechts), Ultraschall-gesteuerte ACG-Injektion, Out-of-plane-Technik (Pfeilspitze im Bild rechts).
Abbildung 6 Zustand nach AC-Plastik mit Instabilität und Synovitis (Pfeile), Ultraschall-gesteuerte ACG-Injektion, Out-of-plane-Technik (Nadelspitze = Pfeilspitze im Bild links).
Abbildung 7 Tossy-III-/Rockwood-IV-Läsion mit Instabilität in der dynamischen Untersuchung und Zunahme des Abstandes zwischen Clavicula und Akromion (Linien).
Abbildung 8 Dislozierte Akromionfraktur (Pfeile).
Abbildung 9 Mechanisch induzierte Bursitis subdeltoidea, Pars subacromialis (Pfeilspitzen), intakte Supraspinatussehne (Stern).
Abbildung 10 Transmurale Massenruptur der Supraspinatussehne mit Retraktion des Stumpfes in die Fossa supraspinata, Humeruskopfhochstand.
Abbildung 11 Enthesitis des M. deltoideus und Verdickung der Bursa subdeltoidea bei Psoriasisarthritis, asymptomatisches Lipom.
Abbildung 12 Weiche Kalkmassen (Sterne) mit Twinklingartefakt und Einbruch in die Bursa, kalkinduzierte Bursitis (Pfeilspitzen), Hyperämie innerhalb der Supraspinatussehne in der Doppler- und B-Flow-Untersuchung (Bilder rechts).
Abbildung 13 Bursitis subdeltoidea (Sterne), ultraschallgesteuerte Injektion, Pfeile = Nadel.
Abbildung 14 Tuberculum-majus-Fraktur (Pfeile) mit Avulsion, intakte Supraspinatussehne (Sterne).
Abbildung 15 Transmurale Ruptur der Supra- und der Infraspinatussehne mit kompletter Ruptur des Pulleysystems lateral, Erguss innerhalb der Rupturzone (Pfeile) mit Impingement unter dem verdickten coracoakromialen Ligament (cal).

Ein weiteres klinisch sehr wichtiges Impingementsyndrom ist das subkorakoidale Impingement (SCI). Hierbei kommt es zu anterioren Schulterschmerzen bei Flexions-, Innenrotations- und Adduktionsbewegungen aufgrund eines mechanischen Konfliktes zwischen dem Processus coracoideus und dem Humerus (v.a. Tuberculum minus) und aller dazwischen liegenden Strukturen [4]. In der Tabelle 2 sind mögliche Ursachen aufgeführt. Auf weitere Impingementsyndrome wie z. B. anterosuperiores oder posterosuperiores Impingement wird in diesem Artikel nicht eingegangen.

Tabelle 2 Mögliche Ursachen eines subkorakoidalen Impingements

Im Folgenden werden exemplarische SCI-Ursachen im Ultraschallbild dargestellt (Abb. 16, 17, 18, 19, 20).

Abbildung 16 Transmurale komplette Ruptur der Subscapularissehne mit kompletter Ruptur des Pulleysystems medial und des MGHL/Kapsel, Erguss innerhalb der Rupturzone (Sterne), die mit der Bursa kommuniziert, Ultraschall-gesteuerte Bursainjektion.
Abbildung 17 Bursitis subcoracoidea (Sterne links) und Bursitis subdeltoidea mit synovialer Plica (Sterne in der Mitte und rechts).
Abbildung 18 Retraktile Capsulitis mit Verdickung und Verkürzung des Ligamentum coracohumerale (chl), Bursitis subdeltoidea, Pars subacromialis mit Impingement zwischen dem Ligamentum coracohumerale (chl) und dem Ligamentum coracoacromiale (cal).
Abbildung 19 Subkorakoidales Impingement durch eine Prothese (Pfeilspitzen).
Abbildung 20 Subkorakoidales Impingement bei Innenrotation (hier nicht demonstriert) aufgrund einer Synovitis um die lange Bizepssehne (Sterne) mit Tendinose und intramuraler Partialruptur der Bizepssehne (Pfeile).

CME-Fragen

Teil 1: CME-Sonografie 103: Subakromiales (SAI) und subkorakoidales Impingement (SCI) (G. Tamborrini und A. M. Müller)

Im Jahr 2022 vergibt die SGAIM 1 Creditpunkt für die korrekte Bearbeitung (60 %) von zwei CME-Beiträgen pro «Praxis»-Ausgabe. Den zweiten CME-Beitrag finden Sie auf S. 123, den Antworttalon auf S. 130.

Frage 1: Welche Aussage zur Abbildung 21 stimmt? (Einfachauswahl)

Abbildung 21 Anteriorer Transversalschnitt der Schulter.
  • a)
    Die echoarme Raumforderung, die mit einem Stern markiert ist, entspricht einer Bursitis subdeltoidea.
  • b)
    Die echoarme Raumforderung, die mit einem Stern markiert ist, ist ein Normalbefund.
  • c)
    Die echoarme Raumforderung, die mit einem Stern markiert ist, entspricht einem Ganglion.
  • d)
    Die Pfeile markieren den Gelenkspalt glenohumeral.
  • e)
    Die Pfeile markieren das normale Labrum.

Frage 2: Welche Aussagen zur Abbildung 21 stimmen? (Mehrfachauswahl)

  • a)
    Ein Ganglion in Kommunikation mit dem Labrum weist in der Regel auf eine Labrumläsion hin.
  • b)
    Ein Ganglion in der Fossa supraspinata kann den Nervus suprascapularis komprimieren (in der Incisura scapulae/suprascapular notch).
  • c)
    Ein Ganglion in der Fossa infraspinata kann den Nervus suprascapularis komprimieren (im spinoglenoid notch).
  • d)
    Ein Ganglion kann in der Regel im Ultraschall nicht dargestellt werden.
  • e)
    Das Labrum kann nur von posterior visualisiert werden.

Frage 3: Welche unten aufgeführte Pathologie führt nicht zu einem SAPS? (Einfachauswahl)

  • a)
    Bursitis subdeltoidea, Pars subacromialis
  • b)
    Tendinose mit Verkalkung der Supraspinatussehne
  • c)
    Humeruskopfhochstand bei Massenruptur der Rotatorenmanschette
  • d)
    Omarthrose
  • e)
    Neuralgische Schulteramyotrophie

Frage 4: Was kann zu einem subkorakoidalen Impingement (SCI) führen? (Einfachauswahl)

  • a)
    Bursitis subcoracoidea
  • b)
    Anteriore paralabrale Ganglien bei Labrumläsion
  • c)
    Subkorakoidale Enge mit Abnahme der Distanz coracohumeral
  • d)
    Massenruptur der Subscapularissehne
  • e)
    Alle Antworten sind richtig

Frage 5: Welche der folgenden Ligamente spielen eine relevante Rolle beim SAPS? (Mehrfachauswahl)

  • a)
    Ligamentum conoideum
  • b)
    Ligamentum transversum scapulae superiore
  • c)
    Ligamentum coracohumerale
  • d)
    Ligamentum coracoacromiale
  • e)
    Ligamentum transversum humeri

Frage 6: Welche Aussage zur Sonografie der Schulter stimmt? (Einfachauswahl)

  • a)
    Die Sonografie der Schulter ist sehr einfach und kann innerhalb von wenigen Stunden erlernt werden.
  • b)
    Es sind keine fundierten anatomischen Kenntnisse nötig.
  • c)
    Die Aussagekraft einer Sonografie-Untersuchung an der Schulter ist unabhängig vom Ultraschallgerät oder von der Sonde, die benutzt wird.
  • d)
    Die Untersuchung erfolgt immer statisch und dynamisch.
  • e)
    Eine erfahrene Ärztin/ein erfahrener Arzt untersucht nur klinisch und braucht keine weitere Diagnostik zur Eingrenzung der Ursache eines Impingements.

Bibliografie

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