CME-Sonografie 103: Subakromiales (SAI) und subkorakoidales Impingement (SCI)
Abstract
Zusammenfassung. Schulterschmerzen können ihren Ursprung in verschiedenen Strukturen des Schultergelenks oder in betroffenen periartikulären Strukturen haben. Daher ist es wichtig, eine spezifische Diagnose stellen zu können und die genaue Pathologie, die dahintersteckt, zu identifizieren, um die am besten geeignete, individuell präzise Behandlung einleiten zu können. In dieser Übersichtsarbeit besprechen wir mögliche Ursachen eines Impingements der Schulter.
Abstract. Pain in the shoulder can have its origin in different structures of the shoulder joint or in affected periarticular structures. Therefore, it is important to be able to make a specific diagnosis and identify the exact pathology behind it in order to initiate the most appropriate individually precise treatment. In this review, we discuss possible causes of impingement of the shoulder.
Im Artikel verwendete Abkürzungen
ACG Acromioclaviculargelenk
GHG Glenohumerales Gelenk
hrMSUS Hochauflösender muskuloskelettaler Ultraschall
MGHL Middle Glenohumeral Ligament
SAI Subakromiales Impingementsyndrom
SAPS Subacromial Pain Syndrome
SCI Subkorakoidales Impingement
SLAP Superior Labrum from Anterior to Posterior
Schultererkrankungen stellen die dritthäufigste muskuloskelettale Erkrankung in der Allgemeinmedizin dar und können zu Arbeitsausfällen, zu Einschränkungen bei sozialen Aktivitäten und zu wirtschaftlichen Einbussen für Betroffene führen. Die Prävalenz eines subakromialen Impingementsyndroms (SAI) ist hoch und nimmt mit dem Alter zu. Die höchste Inzidenz (ca. 74 %) wurde in der sechsten Lebensdekade beschrieben. Schulterschmerzen können ihren Ursprung in verschiedenen Strukturen der Knochen, des Schultergelenks oder in periartikulären Strukturen (Sehnen, Ligamente, Muskeln, Bursen etc.) haben. Daher ist es wichtig, eine spezifische Diagnose früh stellen zu können und die genaue Pathologie, die dahintersteckt, zu identifizieren, um die am besten geeignete, individuell präzise Behandlung einleiten zu können. Im klinischen Alltag begegnen uns sehr häufig Patientinnen und Patienten mit dem klinischen Bild des «Schulterimpingements» mit typischerweise schmerzhafter Elevation.
In den letzten Jahren hat sich die Terminologie eines subakromialen Schmerzsyndroms («Subacromial Pain Syndrome», SAPS) [1] etabliert, wodurch impliziert wird, dass das klinische Beschwerdebild nicht ohne erweiterte Diagnostik einer eindeutigen zugrunde liegenden Pathologie zugeordnet werden kann [2]. Eine umfassende Anamnese und eine klinische Untersuchung sind zwar von grosser Bedeutung und richtungsweisend, mit der klinischen Untersuchung allein lässt sich jedoch keine genaue Diagnose stellen [2]. Oft kommt es beim SAPS zu einer schmerzhaften Elevation des Armes zwischen 60° und 120°, und bereits bei Abduktion zwischen 45° und 60° entsteht ein Kontakt zwischen der Supraspinatussehne und der langen Bizepssehne mit dem Ligamentum coracoacromiale [3]. Der Schmerz wird häufig anterolateral bis zur Insertion des M. deltoideus angegeben.
Fallbericht
Der sportliche 30-jährige Handballer beklagt antero-laterale Schmerzen an der Schulter ohne Funktionseinbusse. Der Jobe-Test ist positiv und es besteht ein «Painful Arc». Die Sonografie (Abb. 1) zeigt eine Tendinose mit Partialläsion der Supraspinatussehne und diskreter Bursaverdickung.
Beim subakromialen Schmerzsyndrom können verschiedene anatomische Strukturen zu einer «Einengung» mit mechanischem Konflikt des subakromialen Raums oder/und unter dem coracoacromialen Bogen (Akromion, Ligamentum coracoacromiale und processus coracoideus) und so z.B. zu Schmerzen oder zu einer Bewegungseinschränkung führen. Beim primären SAPS führen anatomische Veränderungen zu einer Verengung des subakromialen Raums (extrinsische Faktoren mit strukturellen Veränderungen im Subakromialraum = primäres Outlet-Impingement), beim sekundären SAPS liegt eine funktionelle Ursache vor mit u.a. Störung der Zentrierung des Humeruskopfes (biomechanische Störungen, skapuläre Fehlhaltungen und degenerative Veränderungen im Bereich der Sehne spielen eine zentrale Rolle = sekundäres Non-Outlet-Impingement) (Tabelle 1, Abb. 2).
Die hochauflösende muskuloskelettale Ultraschalluntersuchung (hrMSUS) bietet ein schmerzfreies, nichtinvasives, kostengünstiges und schnelles Bildgebungsverfahren zur differenzialdiagnostischen Eingrenzung eines intraartikulären oder extraartikulären SAPS und erlaubt je nach klinischer Situation eine ultraschallgesteuerte diagnostische oder therapeutische Intervention.
Im Folgenden werden einzelne Beispiele von SAPS-Ursachen im Ultraschallbild dargestellt (Abb. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15).
Ein weiteres klinisch sehr wichtiges Impingementsyndrom ist das subkorakoidale Impingement (SCI). Hierbei kommt es zu anterioren Schulterschmerzen bei Flexions-, Innenrotations- und Adduktionsbewegungen aufgrund eines mechanischen Konfliktes zwischen dem Processus coracoideus und dem Humerus (v.a. Tuberculum minus) und aller dazwischen liegenden Strukturen [4]. In der Tabelle 2 sind mögliche Ursachen aufgeführt. Auf weitere Impingementsyndrome wie z. B. anterosuperiores oder posterosuperiores Impingement wird in diesem Artikel nicht eingegangen.
Im Folgenden werden exemplarische SCI-Ursachen im Ultraschallbild dargestellt (Abb. 16, 17, 18, 19, 20).
CME-Fragen
Teil 1: CME-Sonografie 103: Subakromiales (SAI) und subkorakoidales Impingement (SCI) (G. Tamborrini und A. M. Müller)
Im Jahr 2022 vergibt die SGAIM 1 Creditpunkt für die korrekte Bearbeitung (60 %) von zwei CME-Beiträgen pro «Praxis»-Ausgabe. Den zweiten CME-Beitrag finden Sie auf S. 123, den Antworttalon auf S. 130.
Frage 1: Welche Aussage zur Abbildung 21 stimmt? (Einfachauswahl)
- a)Die echoarme Raumforderung, die mit einem Stern markiert ist, entspricht einer Bursitis subdeltoidea.
- b)Die echoarme Raumforderung, die mit einem Stern markiert ist, ist ein Normalbefund.
- c)Die echoarme Raumforderung, die mit einem Stern markiert ist, entspricht einem Ganglion.
- d)Die Pfeile markieren den Gelenkspalt glenohumeral.
- e)Die Pfeile markieren das normale Labrum.
Frage 2: Welche Aussagen zur Abbildung 21 stimmen? (Mehrfachauswahl)
- a)Ein Ganglion in Kommunikation mit dem Labrum weist in der Regel auf eine Labrumläsion hin.
- b)Ein Ganglion in der Fossa supraspinata kann den Nervus suprascapularis komprimieren (in der Incisura scapulae/suprascapular notch).
- c)Ein Ganglion in der Fossa infraspinata kann den Nervus suprascapularis komprimieren (im spinoglenoid notch).
- d)Ein Ganglion kann in der Regel im Ultraschall nicht dargestellt werden.
- e)Das Labrum kann nur von posterior visualisiert werden.
Frage 3: Welche unten aufgeführte Pathologie führt nicht zu einem SAPS? (Einfachauswahl)
- a)Bursitis subdeltoidea, Pars subacromialis
- b)Tendinose mit Verkalkung der Supraspinatussehne
- c)Humeruskopfhochstand bei Massenruptur der Rotatorenmanschette
- d)Omarthrose
- e)Neuralgische Schulteramyotrophie
Frage 4: Was kann zu einem subkorakoidalen Impingement (SCI) führen? (Einfachauswahl)
- a)Bursitis subcoracoidea
- b)Anteriore paralabrale Ganglien bei Labrumläsion
- c)Subkorakoidale Enge mit Abnahme der Distanz coracohumeral
- d)Massenruptur der Subscapularissehne
- e)Alle Antworten sind richtig
Frage 5: Welche der folgenden Ligamente spielen eine relevante Rolle beim SAPS? (Mehrfachauswahl)
- a)Ligamentum conoideum
- b)Ligamentum transversum scapulae superiore
- c)Ligamentum coracohumerale
- d)Ligamentum coracoacromiale
- e)Ligamentum transversum humeri
Frage 6: Welche Aussage zur Sonografie der Schulter stimmt? (Einfachauswahl)
- a)Die Sonografie der Schulter ist sehr einfach und kann innerhalb von wenigen Stunden erlernt werden.
- b)Es sind keine fundierten anatomischen Kenntnisse nötig.
- c)Die Aussagekraft einer Sonografie-Untersuchung an der Schulter ist unabhängig vom Ultraschallgerät oder von der Sonde, die benutzt wird.
- d)Die Untersuchung erfolgt immer statisch und dynamisch.
- e)Eine erfahrene Ärztin/ein erfahrener Arzt untersucht nur klinisch und braucht keine weitere Diagnostik zur Eingrenzung der Ursache eines Impingements.
Bibliografie
Appropriate care for orthopedic patients: effect of implementation of the Clinical Practice Guideline for Diagnosis and Treatment of Subacromial Pain Syndrome in the Netherlands. Acta Orthop . 2019; 90 (3):191–195. DOI: 10.1080/17453674.2019.1593641. Epub PMID: 30931669; PMCID: PMC6534224.
.Correlation of findings in clinical and high resolution ultrasonography examinations of the painful shoulder. J Ultrason . 2015; 15 (60):29–44. DOI: 10.15557/JoU.2015.0003. Epub PMID: 26674725; PMCID: PMC4579705.
.Irreparable rotator cuff tears: a novel classification system. Musculoskelet Surg . 2014; 98 , Suppl 1:49–53. DOI: 10.1007/s12306-014-0320-5. Epub PMID: 24659197.
.CME-Sonografie 95: Sonografische Differenzialdiagnose anteriorer Schulterschmerzen [CME Sonography 95: Sonographic differential diagnosis of anterior shoulder pain]. Praxis (Bern 1994) . 2020; 109 (15): 1165–1176. DOI: 10.1024/1661–8157/a003593. PMID: 3323 4045.
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